Tertiäre Filterstufe – Die Lösung zur Ertüchtigung einer Kläranlage bei steigender hydraulischer Belastung
Wachsende hydraulische Belastungen sowie Veränderungen im Absetzverhalten des Belebtschlammes verursachen, dass Kläranlagen häufig die heutigen Mindestanforderungen an den Feststoffrückhalt im Ablauf nicht betriebssicher einhalten. Die verursachte erhöhte CSB-, BSB- und Phosphor-Belastung im Ablauf verursacht wiederum erhöhte Abwasserabgaben und eine sauerstoffzehrende Belastung der Vorfluter. Im folgendem wird eine effiziente und wirtschaftlich schnell umsetzbare Möglichkeit zur Erweiterung oder Ertüchtigung einer Kläranlage, mit der ein nahezu feststofffreier Ablauf erreicht wird, vorgestellt.
Situation auf der Kläranlage Winsen an der Aller
Die Gemeinde Winsen (Aller) liegt im Landkreis Celle, in Niedersachsen. Zur Gemeinde zählen sechs Ortsteile mit insgesamt ca. 13.000 Einwohnern. Die mechanisch-biologische Kläranlage Winsen, wurde 1986/87 gebaut. In den Jahren 2000/2001 wurde die Anlage erheblich auf 22.000 EW mit weitgehender Nitrifikation und Denitrifikation erweitert.
Das Abwasser wird ausschließlich über Pumpwerke zur Kläranlage gefördert. Die Kläranlage besteht aus einer Rechen-/Sandfang-Kompaktanlage und einem anaeroben Absetzbecken zur biologischen Phosphorelimination. Die Belebung besteht aus zwei Belebungsbecken, die intermittierend belüftet werden und zwei Nachklärbecken. Bei Bedarf kann zur Entfernung des Restphosphors simultan gefällt werden. Das gereinigte Wasser wird in die Aller, ein Gewässer I. Ordnung, Gewässergüteklasse II, eingeleitet.
Der in der Belebung simultan stabilisierte Überschussschlamm wird maschinell eingedickt, zwischengespeichert und landwirtschaftlich verwertet. Eine vorhandene aerob-thermophile Schlammstabilisierungsanlage ist nicht in Betrieb.
Nach Stilllegung der Kläranlage einer Nachbargemeinde ist zukünftig die Überleitung dieser Abwässer geplant. Daraus ergibt sich ein neu ermittelter Anschlusswert von 25.000 EW.
Im Rahmen dieser Erweiterung ergab die Nachrechnung der Kläranlage Winsen, dass die geforderten Ablaufwerte mit der vorhandenen Nachklärung für die zu berücksichtigende Zulaufspitze von knapp 520 m³/h nicht sicher eingehalten werden können. Daraufhin wurden mehrere Möglichkeiten zur sicheren Einhaltung der Ablaufwerte, wie die Aufrüstung der Nachklärbecken, ein weiteres Nachklärbecken, ein zulaufseitiges Zwischenspeicherbecken und eine nachgeschaltete Filteranlage in die Überlegungen einbezogen.
Entschieden wurde sich am Ende für die Filteranlage, da diese nicht nur die Extremzuläufe sicher abreinigt, sondern z.B. auch bei Störfällen auf der Anlage eine Art Polizeifunktion übernehmen kann und damit am vielseitigsten betrieben werden kann.
Mehrere am Markt befindliche Filtersysteme sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
Verfahrenstechnik eines Scheibenfilters
Der geringe Platzbedarf, der geringe Druckverlust, der modulare Aufbau sowie die Beschickung im freien Gefälle des Huber RoDisc Scheibenfilters ermöglicht eine einfache Anpassung an die vorhandenen Gegebenheiten und beschränkt die baulichen Maßnahmen auf ein Minimum.
Der RoDisc® Scheibenfilter arbeitet grundlegend nach dem bewährten und bekannten Prinzip eines Trommelfilters. Die Maschine besteht aus horizontal gelagerten und drehbaren Filterscheiben, die auf einer Zentrumswelle montiert und bis zu 60% eingestaut werden. Die Scheibensegmente sind mit einem gewobenen Maschengewebe aus Polyester bestückt und werden durch das zu reinigende Abwasser von innen nach außen durchströmt, wobei das gewonnene Filtrat stirnseitig über ein Ablaufwehr aus der Maschine geleitet wird. Die besonderen Vorteile in der Verwendung des Maschengewebes liegen speziell im definierten Trennschnitt, der zweidimensionalen Struktur, der Lebensdauer und der Stabilität. Während der Filtration verbleiben die Scheiben in der Ruhestellung, wodurch geringe Betriebskosten anfallen. Die an der Siebfläche abgeschiedenen Feststoffe bewirken einen Rückstau und damit verbunden ein Anwachsen des Wasserspiegels innerhalb der Scheiben bzw. des Zentrumsrohrs, bei Erreichen des vorgewählten maximalen Wasserspiegels erfolgt die Reinigung der Siebfläche von den abgelagerten Feststoffen durch eine Spritzdüsenleiste während der langsamen Rotation der Scheibe. Die Beschickung der Düsen erfolgt über eine Pumpe mit filtriertem Abwasser (interner Spülwasserkreislauf) – es wird keine externe Wasserversorgung benötigt. Die sich durch die Wirkung der Sprühstrahlen ablösenden Feststoffe werden über einen unterhalb der Segmentöffnungen angeordneten Trichter aus dem Behälter entfernt. Die sich ausbildende Höhendifferenz zwischen Wasserspiegel innerhalb des Zentrumsrohrs und im Betonbecken ist die treibende Kraft innerhalb des Filtrationsprozesses, wodurch kein Anheben oder Absaugen des Abwassers notwendig ist.
Zusammenfassung
Erhöhte Einwohneranschlußwerte und damit einhergehende erhöhte hydraulische Belastungen führen bestehende Anlagen an ihre Kapazitätsgrenzen. Zeitweise abtreibende Belebtschlammflocken aus dem Nachklärbecken sorgen für eine gesteigerte Belastung des Vorfluters. Eine Scheibenfilteranlage ist eine einfache, wirtschaftliche und effiziente Lösung und kann somit einen entscheidenden Beitrag zum Schutz des Gewässers vor sauerstoffzehrender Fracht und Eutrophierung darstellen. Der geringe Druckverlust sowie der geringe Platzbedarf ermöglichen eine problemlose Integration der nachgeschalteten Filtrationsstufe in bestehende Kläranlagen. In der Planung zur Erweiterung oder der Ertüchtigung einer Kläranlage sollte die verfahrenstechnische Möglichkeit einer nachgeschalteten Filtrationsstufe auf jeden Fall berücksichtigt werden.