Energie in die Heizung statt in den Kanal: Technische Hochschule Mittelhessen nutzt HUBER ThermWin zum Heizen und Kühlen mit Abwasser
Die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) will mit einer neuen Anlage ein bislang wenig beachtetes Potenzial nutzen: Heizen und Kühlen mit Energie aus Abwasser.
Die neue Anlage, deren Herzstück das HUBER ThermWin-System ist, wurde Ende Mai vom THM-Präsidium, Gießens Oberbürgermeister Frank Tilo Becher und Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK), in Betrieb genommen.
THM-Präsident Prof. Dr. Willems: „Bislang ungeborgener Schatz“
Die Anlage befindet sich auf dem Campus Wiesenstraße der THM. Mit Mensa, zahlreichen Hörsälen, zentralen Verwaltungseinrichtungen sowie Labors und Werkstätten mehrerer Fachbereiche ist der Campus dauerhaft stark frequentiert. Entsprechend viel Abwasser fällt an. Zudem nutzt die Hochschule vor allem das Abwasser aus dem öffentlichen Kanal. „Es mag seltsam klingen, aber dieses Abwasser ist ein bislang ungeborgener Schatz“, sagte THM-Präsident Prof. Dr. Matthias Willems bei der Inbetriebnahme. Denn Abwasser hat im Winter Durchschnittstemperaturen von 10 bis 12 Grad Celsius, im Sommer knapp unter 20 Grad. Mithilfe von Wärmetauschern und Wärmepumpen lässt sich dieser „Schatz“ zum Kühlen und Heizen nutzen.
Mit HUBER ThermWin jährlich 300 Tonnen CO2 einsparen
An der THM wird das Abwasser künftig durch eine HUBER Schachtsiebanlage ROTAMAT® RoK4 aus dem Kanal der Mittelhessischen Wasserbetriebe geholt. Von dort wird das flüssige Medium in den HUBER Abwasserwärmetauscher RoWin im Gebäude gepumpt, während die Feststoffe direkt wieder in den Kanal zurückgefördert werden. Über den Wärmetauscher wird im Winter eine Wärmepumpe und im Sommer eine Kältemaschine betrieben. Die Wärmepumpe kann rund 850 kW Wärmeleistung bereitstellen, die Kältemaschine erzeugt rund 600 kW Kälte. Eingespart werden sollen so etwa 300 Tonnen CO2 pro Jahr.
Hessens Staatssekretärin Asar: „Anlage spart CO2 und bringt Forschung in Nachhaltigkeit voran“
„Hessen soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein, die Landesregierung will mit gutem Beispiel vorangehen und 2030 CO2-neutral arbeiten – dazu werden die Hochschulen schon wegen ihres Anteils am Energieverbrauch der Landesliegenschaften einen wichtigen Beitrag leisten“, sagte Ayse Asar. „Und natürlich bilden unsere Hochschulen auch die klugen Köpfe von morgen aus, die Lösungen für die klimaschonende Energieversorgung entwickeln. Die Abwasserwärmenutzungsanlage hier spart also nicht nur CO2, sie bringt auch Forschung im Bereich der Nachhaltigkeit einen großen Schritt voran.“
Rund 1 Mio. Euro Förderung
Das HMWK fördert Bau und Betrieb der Anlage mit rund einer Million Euro aus dem Fonds „REACT-EU“, der als Reaktion auf die Covid-Pandemie aufgesetzt wurde, um Projekte im Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zu fördern, insbesondere auch in Bildungseinrichtungen.Die Idee zur Abwasserwärmenutzung gab es an der THM hingegen schon vor der Pandemie, wie Prof. Dirk Metzger, Vizepräsident für strategische Bauplanung und Nachhaltigkeit, erklärte. An die Umsetzung des Projekts ging es im Jahr 2022, als das Facility Management der THM ein Energiekonzept entwickelte und nach Besichtigung der HUBER-Pilotanlage im Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg in die konkrete Planung einstieg. Die baulichen Kernelemente der Anlage zur Nutzung der Energie im Abwasser wurden im vergangenen Dezember angeliefert, ehe die Inbetriebnahme nun im Mai dieses Jahres vollzogen werden konnte.
Bundesministerin Geywitz informierte sich vor Ort
Ende August informierte sich Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, vor Ort über das Potenzial von kommunalem Abwasser für die Wärme- und Kälteversorgung: „Es wird immer wichtiger, dass wir bei der Energie- und Wärmeversorgung möglichst viele dezentrale Lösungen haben“, sagte Geywitz. Bei einer Führung durch die Technik-Räume zeigte sie sich beeindruckt von der Ingenieursleistung und ihrer kompakten Umsetzung, die einen Einsatz auch im Bestand oder in neuen Wohnungsbauquartieren ermöglicht.
„Was Sie hier tun, ist im Prinzip kommunale Wärmeplanung – nur eben auf einem Campus“, hob Bundesministerin Geywitz hervor. Dass die Hochschule dafür auf Abwasser als überall verfügbaren Energieträger setze, sei innovativ: „Sie nutzen etwas, das eigentlich als Problem angesehen wird, ohne zusätzliche Kosten oder Umweltbelastungen zu erzeugen.“ Dass die Technik im Sinne eines Reallabors zudem für Lehre und Forschung zur Verfügung stehe, komplettiere den Gedanken der Nachhaltigkeit.